28.08.08 - Die Grünen und der Verband österreichischer Tierschutzorganisationen fordern die sofortige Freilassung der inhaftierten AktivistInnen - http://vgt.at/presse/news/2008/news20080828_3.php
Mit einem Solidaritätsmarsch von Lindau nach Bregenz protestierten am letzten Sonntag etwa 20 Personen auf die Inhaftierung von zehn österreichischen Tierschützer, die seit dem 21. Mai unter dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung in Haft sitzen und jetzt zu weiteren zwei Monaten Untersuchungshaft durch die Wiener Staatsanwaltschaft verdonnert wurden. Sie sollen Stinkbomben in Pelzgeschäften losgelassen haben und versucht haben, tierquälerische Dokumentationen durch illegales Eindringen in Tierfabriken zu erstellen.
Der Initiator des Protestes, Andreas Morlok (42) aus Radolfzell, wollte mit seinem Demonstrations-Marsch nicht nur gegen die Verhaftung der Tierschützer angehen, sondern sich gleich selbst mit seinen Mitstreitern ins Gefängnis sperren lassen. Morlok: „Wir setzen uns auch für den Schutz und für die Rechte der Tiere ein und wir können es nicht nachvollziehen, dass man für dieses Engagement in Österreich ins Gefängnis gesperrt wird. Wir sind keine nicht kriminell, sondern Menschen, die demokratische Verantwortung übernehmen. Aktionen gegen Tierquäler müssen erlaubt bleiben. Ob das Werfen von Stinkbomben kriminell ist und zu jetzt vier Monaten Untersuchungshaft führen darf, stelle ich in Frage.“
Zu einer gewünschten Verhaftung kam es jedoch nicht. Die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern, wurden schon an der Bundesgrenze freundlich von der informierten österreichischen Polizei begrüßt. Auch gegen die Verteilung von Informationsblättern und dem Tragen von Transparenten hatte man nichts einzuwenden. Bei der Bregenzer Polizeistation wurde die Gruppe von dem Kommandanten, Herrn Rosinger, mit persönlichem Händedruck begrüßt. Morlok: „Uns wurde versichert, dass gegen mich und meinen Begleitern nichts vorliegen würde und wir deshalb nicht in Haft genommen werden. Ich erwiderte, dass gegen die zehn inhaftieren österreichischen Tierschützer auch nichts vorliegen würde. Der Polizeikommandant wies darauf hin, dass er keinen Einblick in die Akten hätte und sich dazu nicht äußern könnte. Abschließend verriet er mir, dass er Tierschutzarbeit ganz OK findet.“ Als freie Menschen konnten sich die Teilnehmer nun wieder auf den Nachhauseweg machen. Andreas Morlok: „Wäre ein solch freundlicher Umgang mit Menschen, die sich friedlich für die Rechte und für den Schutz der Tiere und in diesem Fall auch für die Menschenrechte einsetzen immer der Fall, dann wären solche Solidaritätsaktionen überflüssig. Ich hatte den Eindruck, dass die gesamte Bodenseeregion und noch weit darüber hinaus, in großer Sorge über unser Nachbarland ist. Das Unverständnis über das rabiate Vorgehen der österreichischen Staatsanwaltschaft war überall zu hören und zu verspüren. Ich denke auch, dass die österreichische Justiz schnellstens ihren Fehler eingestehen sollte und die inhaftierten Tierschützer nicht nur entlassen, sondern auch rehabilitieren muss. Mehr als irritiert war ich darüber, welche Meinung man mittlerweile über unser Nachbarland Österreich hat. Von Boykottaufrufen, EU-Ausschluss, Einschaltung des Gerichtshofes für Menschenrechte war die Rede. Ich halte solche Maßnahmen noch für überzogen, denn die österreichische Politik und Justiz hat jetzt die Möglichkeit, das Image ihres Landes wieder zu verbessern und den Tierschützern bis zu einer eventuellen Anklage Haftverschonung zu gewähren.
(Fotoquellen: Edith Zellweger/Andreas Morlok - HERZLICHEN DANK AN ALLE TEILNEHMER!)
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Repression kennt keine Grenzen - Solidarität auch nicht...
15.07.08 - Deutscher Tierschützer stellt sich den Justizbehörden in Österreich - Solidaritätsmarsch für 10 Tierschützer, die ohne Anklage als „politische Gefangene“ seit dem 21.05.2008 in Österreich in Untersuchungshaft sitzen.
Der Delfin- & Walschutzaktivist Andreas Morlok aus Radolfzell wird sich am Sonntag, 20. Juli 2008 den Justizbehörden in Österreich stellen und mit einer Solidaritätsaktion auf die Verhaftung und Inhaftierung der österreichischen Tierschützer hinweisen, die seit fast zwei Monaten ohne eine konkrete Anklage in österreichischen Gefängnissen einsitzen. Morlok: „Ich werde mich freiwillig stellen und den österreichischen Behörden gegenüber zugeben, dass ich mich ebenfalls für den Schutz und für die Rechte der Tiere einsetze. Zwar habe ich nichts verbrochen und habe auch gegen keine Gesetze verstoßen, aber das scheint die Behörden in unserem Nachbarland nicht sonderlich zu interessieren. Es ist unfassbar, dass diese Tierschützer in einem EU-Land für ihr politisches Engagement kriminalisiert werden und unter dem völlig haltlosen Vorwurf, sie seien Mitglieder in einer kriminellen Vereinigung, schon so lange im Gefängnis sitzen müssen. Diese Willkür werde ich nicht tatenlos hinnehmen.“
Der Tierschutzaktivist und Buchautor wird mit einer Protestnote im Gepäck von Lindau am Bodensee über die Staatsgrenze zur Polizeistation ins österreichische Bregenz marschieren und sich dort den Behörden stellen. Morlok: „Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder man verhaftet mich und sperrt mich auch ohne eine konkrete Anklage in eine Zelle, was ja ebenfalls völlig absurd wäre oder man lässt mich wieder laufen.“
Der Tierschutzaktivist, der sich schon seit vielen Jahren mit friedlichen und gewaltlosen Aktionen für den Schutz der Delfine und Wale einsetzt, hofft natürlich, dass man ihn wieder gehen lässt, damit er sich weiterhin für die Freilassung der österreichischen Tierschützer engagieren kann. Zudem möchte er seine Kampagne zur Schließung aller Delfinarien in Deutschland fortsetzen. Morlok: „In Deutschland sperrt man unschuldige Delfine lebenslänglich bis zu ihrem Tod in kleine Betongefängnisse. Delfinarien sind ein Verbrechen gegenüber der Natur. Die Gesellschaft sollte sich doch auch einmal fragen, ob die Justiz immer die wirklich Kriminellen hinter Gitter bringt.“ ----Ende
Deutscher Tierschützer will sich in Österreich verhaften lassen - Unterstützung vom WDSF
Tierschützer Versuchskaninchen der Justiz?
(PR-inside.com 19.07.2008 17:19:51) - (Deutschland/Österreich -jsg) Das Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF) mit seinem Vorsitzenden, dem hauptberuflichen Steuerjuristen Jürgen Ortmüller, unterstützt uneingeschränkt die Aktion des deutschen Wal- und Delfinschützers Andreas Morlok für die seit zwei Monaten in Haft sitzenden zehn Tierschützern in Österreich.
Der Tierschutzaktivist Morlok will am Sonntag mit einer Protestnote im Gepäck von Lindau am Bodensee über die Staatsgrenze zur Polizeistation ins österreichische Bregenz marschieren und sich dort den Behörden stellen, weil er mit der Inhaftierung österreichischer Tierschützer nicht einverstanden ist. Er sei Tierschützer und die würden in Österreich offenbar ohne nachweisbaren Tatverdacht verhaftet, so Morlok.
Den zehn inhaftierten Tierschützern wird aufgrund von Stinkbomben-Attacken gegen Textilgeschäfte und wegen dem Einstieg in Tierfabriken zum Zwecke der Dokumentation tierquälerischer Zustände die Bildung einer kriminellen Vereinigung durch die österreichische Staatsanwaltschaft vorgeworfen. Der weitere Vorwurf der Brandstiftung konnte bisher nicht belegt werden. Die weitere zweimonatige Haftanordnung soll eine angebliche Verdunklungsgefahr vorbeugen.
Das WDSF kommentiert: In einem demokratischen Staat, der Österreich als frisches EU-Mitglied sein möchte, gilt bis zu einer gerichtlichen Verurteilung auch für Tierschutzaktivisten der Grundsatz der Unschuldsvermutung. Dies darf nicht zu vier Monaten Untersuchungshaft führen. Damit wird ein möglicher Rechtsmissbrauch der Staatsanwaltschaft und des zuständigen Haftrichters dokumentiert, welche die Durchsetzung des neuen § 278a des österreichischen Strafgesetzbuches offenbar an Tierschützern als Exempel statuieren wollen."
Andreas Morloks Aktion eines Fußmarsches zu der österreichischen Polizeibehörde, um sich dort als engagierter Tierschützer solidarisch einer Verhaftung zu stellen, weil er ebenfalls Tiere schützt, sei beispielhaft, auch wenn es dazu nicht kommen wird, meint das WDSF.
Morlok wurde durch die deutsche Kriminalpolizei in Konstanz darauf aufmerksam gemacht, dass es sich bei seiner Aktion um eine anmeldepflichtige Demonstration handeln würde. Das Landratsamt Lindau schrieb in seiner Demonstrations-Genehmigung : "Wir wünschen der Veranstaltung einen angenehmen Verlauf."
Steuerjurist Ortmüller: “ Wollen wir hoffen, dass durch die Aufmerksamkeit der Medien für Morloks Aktion auch das österreichische Justizministerium wach wird, welches sich bisher zu den langmonatigen Inhaftierungen der Tierschützer nicht geäußert hat. In Österreich wird die Menschenwürde offenbar mit Füßen getreten. Tierschützer sind keine Terroristen, schon gar nicht ohne Verurteilung, sondern sind offenbar selbst Versuchskaninchen der Justizbehörden."
19.07.08 - Soli-Marsch: Lindau - Bregenz - Im Gegensatz zu den Behörden in Deutschland handhaben die österreichischen Behörden meinen Solidaritätsmarsch völlig unbürokratisch und unkompliziert. Meine Wanderung wird nicht als anmeldungspflichtige Demonstration angesehen.
(Infos zum morgigen Tagesgeschehen und Pressemitteilung erfolgen in Kürze.)
18.07.08 - Die Tragweite der Tragödie die hinter der Behördenwillkür steckt, spiegeln die Einzelschicksale! 2. Bericht, offener Brief von Christian Moser
"Stundenlang musste ich mich heute wegen meinem „Spaziergang“ von Lindau nach Bregenz am nächsten Sonntag mit den Behörden am Bodensee auseinandersetzen. Durch Presseveröffentlichungen über meinen Solidaritätsmarsch für die inhaftierten österreichischen Tierschützer wurden scheinbar die gesamten Ordnungs- und Verwaltungsbehörden am Bodensee in Aufruhr versetzt.
Die Kriminalpolizei in Konstanz rief mich an, da diese wiederum von der Kripo in Kempten informiert wurde. Hauptanliegen wäre, dass mein Marsch am Sonntag gegen das Versammlungsgesetz verstoßen würde. Schon etwas verwunderlich, denn bisher rief ich nur dazu auf, dass man mich am Sonntag gerne begleiten könnte. Nirgendwo erwähnte ich, dass dies eine öffentliche Demo wäre, weil ich davon ausgehe, dass ich alleine nach Österreich laufen werde. Auf Nachfrage, warum denn Konstanz mich kontaktiert, erklärte man mir, dass ich in diesem Landkreis wohnen und gemeldet, also sie für mich zuständig wären. Schon merkwürdig das alles, auch dass man mich dann nach meinem Geburtsdatum fragte. Man riet mir, ich solle mich doch mit den Behörden in Lindau und Österreich in Verbindung setzen. Gesagt getan. Bei der Polizeidienststelle in Lindau war man über meinen Spaziergang auch schon informiert. Auch darüber, dass ich heute morgen eine E-Mail vom dortigen Ordnungsamt bekommen hätte. Ich staunte nicht schlecht, als ich den PC einschaltete und las, dass meine geplante Wanderung ein öffentlicher Aufzug wäre und das müsste nach § 14 VersammlG bei den zuständigen Behörden angemeldet werden. Ein Anmeldeformular ist freundlicherweise mit beigefügt. Nett endet der Brief aber nicht, eher bedrohlich, denn man weist mich „eindringlich auf die Straf- und Bußgeldvorschriften gemäß § 26 Nr- 2 VersammlG hin“.
Wie ich es schon ahnte, auch bei meinem Anruf bei der Polizei im österreichischen Bregenz erfuhr ich, dass man über mein Vorhaben informiert ist. Auch hier müsste ich meinen Spaziergang anmelden. Mehrere E-Mails und Faxe wurden versendet, zig Telefonate musste ich führen und das alles weil ich vorhabe, 10 Kilometer von Lindau nach Bregenz zu wandern!
Ich kann dies alles kaum glauben. In den vergangenen Jahren lief ich 3000 Kilometer! durch mein Heimatland. Immer hatte ich einen Anhänger dabei, auf dem politische Transparente befestigt waren. Auch verteilte ich Informationsblätter unterwegs. Immer hatte ich vollste Unterstützung, auch von der Polizei. Selbst Politiker, Schulklassen, Tierschützer und Journalisten begleiteten mich. Nie musste ich auch nur einen Marsch anmelden. Probleme gab es nur ein einziges mal im letzten Jahr, als ich barfüssig mit einem Delfin-Sarganhänger vom Bodensee nach Nürnberg gelaufen bin, um gegen das dortige Delfinarium zu protestieren. Vor den Toren der Stadt Nürnberg empfingen mich nicht nur Mitstreiter, die meinen Anhänger in ein Auto laden wollten und die örtliche Presse zu einem Interview, sondern auch die Polizei. Ich würde eine unangemeldete Demonstration veranstalten, war der absurde Vorwurf. Das Verfahren gegen mich wurde natürlich eingestellt.
Nun liegt es mir also schriftlich vor und es ist behördlich genehmigt: Ich darf mit einem Transparent von Lindau die wenigen Kilometer bis zur Bundesgrenze laufen! Das Landratsamt: „Die Polizeiinspektion Lindau und die Stadt Lindau erhalten jeweils einen Abdruck dieses Schreibens.“ Sie werden also ganz offiziell darüber informiert, dass ich von da bis dort und in dieser Zeit auf diesen und jenen Straßen unterwegs bin. Freundlich endet das Schreiben des Landratsamtes: „Wir wünschen der Veranstaltung einen angenehmen Verlauf.“
Na, das ist ja noch gar nicht so sicher. Die österreichische Behörde hat auf meine „Anmeldung“ bisher noch nicht reagiert.
Die im Moment laufende Behördenoperation gegen uns ist nicht nur eine fundamentale Bedrohung unserer Grundrechte, es geht um einen massiven Schlag gegen unsere Bewegung, weil sie den Mächtigen zu erfolgreich geworden ist. Dass es sich um eine legitime Polizeioperation gegen überbordende Tierschutzkriminalität handeln soll, ist nur vorgeschoben. In Österreich ist die Tierschutzkriminalität im internationalen Vergleich minimal. In Schweden, einem Land mit gleichviel Menschen wie Österreich, finden gut 10 MAL MEHR ALF-Aktionen statt als bei uns. Brandanschläge hat es seit 6 Jahren nicht mehr gegeben. Im Jahr 2008 ist bisher praktisch noch nichts passiert. Nein. Es geht nicht um Kriminalität. Es geht darum, eine lebendige und erfolgreiche Bewegung zu terrorisieren und einzuschüchtern. Das ist ein politischer Prozess, der von ganz oben gesteuert wird. Umso gefährlicher ist er für uns. Erinnern wir uns an die Rainbow Warrior, das Greenpeace-Schiff, das von staatlichen AgentInnen gesprengt wurde. Ein Aktivist wurde dabei ermordet. Ich fürchte, die Behörde hat auch in unserem Fall den Boden der Rechtsstaatlichkeit bereits verlassen. Die Hausdurchsuchungen waren willkürlich und gesetzwidrig, die Gentests waren gesetzwidrig, das völlige Leerräumen unserer Büros, des VGT-Lagerraums und unserer Privatwohnungen war gesetzwidrig, und das Einsperren von 10 AktivistInnen ohne jeden Grund ist der eklatanteste Rechtsbruch von allem.
In den ersten Tagen nach meiner Verhaftung dachte ich noch, dass es sich um einen reinen Schreckschuss der Staatsmacht handelt. Ich lese jetzt immer mehr Polizeiakten, höre den Staatsanwalt und die Richterin, und erkenn zunehmend das ganze Ausmaß der Bösartigkeit und des Staatsterrors, die sich hier entfalten.
Da ist zunächst einmal das Faktum, dass es kein einziges konkretes Indiz gibt, das irgendwen der Verhafteten, oder sonst wen von uns, mit einer kriminellen Tat in Verbindung bringt. Gäbe es ein derartiges Indiz, würde die Staatsanwaltschaft diesen Tatverdacht als Haftbegründung hinzufügen. Das ist aber nicht geschehen. Aus dem Akt ergibt sich auch kein derartiges Indiz. Vorgeworfen wird uns daher etwas ganz anderes, etwas viel Schwammigeres: die Bildung einer kriminellen Organisation. Der Verdacht der kriminellen Organisation bietet für die Behörde auch noch den Vorteil, dass sie mit viel größeren Haftstrafen bedroht ist, als die Sachbeschädigung. Und durch die höhere Haftdrohung hat die Staatsanwaltschaft erst ein Argument, bewaffnete PolizistInnen gegen uns einzusetzen, Untersuchungshaft zu fordern und die U-Haft auf ein ganzes Jahr auszudehnen. Unter dem Verdacht der Sachbeschädigung allein könnte sie das nicht.
Was ist eine kriminelle Organisation? Laut Strafgesetzbuch ist das eine straff wie eine Firma organisierte Vereinigung von mehr als 10 Personen, die erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft anstrebt und dafür neben legalen Aktivitäten auch schwerwiegende strafbare Handlungen setzt. Ja, und die kriminelle Organisation muss sich auch auf besondere Weise gegen Strafverfolgungsmaßnahmen abschirmen, um eine kriminelle Organisation zu sein.
Wenn man das so liest, möchte man anfangen zu lachen. Wer, wie, was, wo, wann soll so einen kriminelle Organisation bilden?
Doch je mehr ich dem Staatsanwalt zuhöre, desto mehr dämmert mir, dass er damit ernsthaft den VGT und andere Tierschutz- und Tierrechtsvereine meint, EGAL ob sie zusammenarbeiten oder nicht. Sie bilden trotzdem gemeinsam diese kriminelle Organisation.
Für den Staatsanwalt und die Haftrichterin ist z.B. ein Sitzungsprotokoll eines Treffens von 15 AktivistInnen im August 2003 eines der wichtigsten „Beweisstücke“ für die Bildung der kriminellen Organisation. Damals besprachen diese Menschen offenbar, wie sie die – völlig legale – Kampagne gegen den Pelzhandel bei P&C weiterführen können. Das beweise Organisation und das Ziel der Einflussnahme auf die Wirtschaft. Weil jetzt irgendwann irgendjemand, der mit dieser Gruppe nichts zu tun hat, ein Drohmail an die P&C-Führung geschrieben hat, und wer anderer eine Scheibe einer P&C Filiale eingeschlagen hat – einmal reicht – wurden auch strafbare Handlungen im Rahmen dieser Kampagne gesetzt. Und der Staatsanwalt und die Richterin können oder wollen sich nicht vorstellen, dass diese TäterInnen nichts mit der legalen Gruppe zu tun haben. Immerhin versuchen sie dasselbe Ziel zu erreichen, dass P&C den Pelzhandel beendet.
Dasselbe „Argumentationsschema“ gilt auch für die Jagd. Weil der VGT z.B. eine Kampagne für ein Ende der Jagd auf Zuchtfasane führt, und irgendwer Zuchtfasane aus einer Voliere freigesetzt hat (das ist eine kriminelle Handlung), muss der VGT gemeinsam mit allen, die sich auch für ein Ende der Jagd auf Zuchtfasane einsetzen, gemeinsam eine kriminelle Organisation bilden.
Bei der Kleider Bauer Kampagne ist es auch so. Der Staatsanwalt sieht übrigens in diesem Zusammenhang auch Besetzungen, Blockaden, aggressive Demos und das Absperren einer Filialtür mit einem Fahrradschloss als derartige „strafbare“ Handlungen, die einen Verdacht auf eine kriminelle Organisation begründen.
Ähnlich unser aller Aufdeckungsarbeit gegen Tierfabriken. Als Begründung für den Verdacht einer kriminellen Organisation führt der Staatsanwalt da die Bürgeranwalt-Sendung und den Wiener-Artikel jeweils mit mir über Schweinefabriken an. Ich sei dafür in mehrere Schweineställe eingedrungen, das sei die strafbare Handlung, deshalb leite ich eine derartige kriminelle Organisation.
Dämmert euch langsam, worum es hier geht? Merkt Ihr, wie bösartig und weitreichend hier diese Neuinterpretation des § 278a StGB „Bildung einer kriminellen Organisation“ ist? Dass gerade wir 10 Leute hier in U-Haft sitzen ist Willkür und Zufall. Es könnten ungeschauter 50 weitere von euch mit derselben Begründung in U-Haft genommen werden. Nimmt man diesen Anklagsvorwurf ernst, dann gibt es keine Möglichkeit mehr, eine effektive Tierschutzkampagne zu führen. Das ist ein politischer Frontalangriff auf das wesentliche Fundament unserer Tierschutzarbeit. Letztere bedeutet nämlich, Einfluss auf Politik und Wirtschaft zu nehmen. Und selbst wenn du das mit völlig legalen Demos und Protestaufrufen machst, nennt das die Staatsanwaltschaft „Nötigung“, und dein Tierschutzverein wird zur kriminellen Organisation.
Ich hoffe durch diese Beschreibung ist euch allen der Ernst der Situation klargeworden. Tatsächlich enthält der Haftantrag der Staatsanwaltschaft ALLE bisher in Österreich bekannt gewordenen strafbaren Handlungen und ALLE Tierschutz- und Tierrechtskampagnen, die hierzulande geführt werden. Die gesamte Bewegung wird als eine große kriminelle Organisation gesehen, alle sind betroffen.
Deswegen müssen wir alle jetzt zusammenstehen und uns gemeinsam verteidigen. Nutzen wir diesen Anlass, um eng zusammen zu rücken, Differenzen zu vergessen und eine übergreifende Solidarität und Bewegungsidentität zu entwickeln. Ich bin hier in der Krankenstation der Justizanstalt Wien –Josefstadt leider von euch isoliert, ich weiß nicht, was draußen passiert. Aber was ich so höre, lässt mich vertrauen, dass Ihr uns hier früher oder später rausholen werdet. Wir herinnen, soviel kann ich euch versprechen, werden nicht gebrochen, was für Terror der Staat auch immer gegen uns auftischt. Wir alle gemeinsam werden das durchsetzen!
Martin, Krankenstation der Justizanstalt Wien-Josefstadt, am 19. Tag meines Hungerstreiks, Montag, 9. Juni 2008